Das Rad Neu erfinden
artists: Vito Baumüller, Aldrin Haus, Daniel Matzanik, Samuel Casata & Georgij Melnikov

opening 16.11.2023 um 18:00
Performance um 19:00 Uhr

Finissage am 09.12.2023
mit dem Screening des Kurzfilms „Fahrrade“ um 18:30,
einer hitzigen Diskussion 19:00, heißem Punsch und eiskalter Kunst bis 22:00.

Ausstellung: vom 16.11. bis zum 09.12.2023. Besuch nach Vereinbarung.

Free entrance

Die Ausstellung zielt darauf ab, die Vielseitigkeit und Nachhaltigkeit von Fahrrädern durch ihre Verwendung als Medium künstlerischer Ausdrucksformen zu präsentieren, sowie diesen Gedanken in Dadaistischer Manier ad absurdum zur führen.
Der Titel „Das Rad neu erfinden“ ist oft in einem praktischen Kontext verwendet, um die Ineffizienz von etwas zu beschreiben, das bereits erledigt wurde, hat jedoch auch einige philosophische Bezüge. Zum Beispiel die Idee der „ewigen Wiederkehr“, dass alle Ereignisse im Universum, einschließlich der Handlungen von Individuen, in einem sich ewig wiederholenden endlosen Zyklus befinden.
In Das Rad Neu erfinden Wotan Clan, Georgij Melnikov und Co. werden in unterschiedlichen Medien Werke zu dem Ausstellungsteil präsentieren.

Image credits: Christopher J. Friese




“DAS RAD NEU ERFINDEN
Wir haben das Rad auch nicht neu erfunden.
Das muss gleich zu Beginn des Endes unserer Forschungs- und Bauarbeit gesagt sein.
Wir haben es bestückt, ja, wahrscheinlich so bestückt wie niemand vor uns. Gut bestückt sogar. Aber neu erfunden? Nein.
Was für ein Rad überhaupt? Das: „Gibt es mehr Räder oder Türen“- Rad? (Eine viral gegangene dumme Frage). Oder doch das „Tour de France“-Rad? Das Fahrrad also?
Das im Ausstellungstitel gemeinte, ist ein kreisrundes, wunderbares Teil mit einem Loch in der Mitte. Durch dieses Loch wird eine Achse gesteckt und um diese rotiert es. Seit die Menschheit da draufgekommen ist, als einzige Spezies, (Go humanity!) ist das Leben schon um einiges chilliger geworden. Die ganze Sache hatte aber auch einen Haken. Räder sind Fucking Fast nämlich. Plötzlich haben wir einen Ochsen in eine Ameise verwandelt. In ein Vieh, das das duzendfache seines Gewichtes bewegen kann. Und Menschen sind plötzlich so stark wie Ochsen, sie können Mehl mahlen mit Steinen die hunderte Kg wiegen. Und plötzlich gibt es ganz viel Mehl, und Tonnen von Gütern bewegen sich von A nach B. Und die Bösen werden gerädert und die Guten naschen beim Radatz.
Und niemand muss mehr zu Fuß gehen und oder Hunger leiden. Gell?
Offensichtlich hat uns das Rad, der Fortschritt, nicht rausgerissen aus dem Leid, das uns das Dasein als nackter Primat auf diesem Planeten beschert. Das Fahrrad ist ein Minimum. Ein Wunder der Rationalisierung. Alles, was nicht Teil sein muss, darf kein Teil sein. Sonst ist es kein gutes Rad. Je leichter, desto besser. Je leichter, desto teurer sogar. Gehälter werden berechnet wie Fahrräder. Man bohrt in den Rahmen, bis er fast nur mehr aus Luft besteht, zieht so viele Speichen ab, dass das Fahren gerade noch so möglich ist und schüttelt wütend den Kopf wenn drei Speichen pro Reifen nicht reichen sollen. Hier werden Jobs gestrichen und hier wird nicht an die Inflation angepasst. Aber he! Das Rad steht noch. Solang man in die Pedale tritt.
Auch wenn der Patronus aller deutschen Mittelschichts-Student*Innen ein sexy, schnelles Vintage- oder Tourenrad ist, so ist es doch so, dass sich das Vehikel rund um den Globus durch alle Schichten zieht, weil es einfach so geil ist.
Und da kommen die Mortsocken-Sportsocken-Dreschflegel mit Katzenfutterdosen gefüllt und mit Besenstielen verlängert ins Spiel. Fiese Dinger sind das.
Dreschflegel sind ja eigentlich ein Werkzeug der Landwirtschaft. Man zieht einen großen Kreis mit einem langen Stab, an dem ein kurzer freischwingender Stock befestigt ist. Der kleine versucht den großen einzuholen und muss durch den verzögerten Start wesentlich schneller laufen als sein großer Kollege. Bedeutet, der Bauer schlägt schneller zu als er eigentlich zuschlägt. Und schnelles zuschlagen ist manchmal gar nicht so verkehrt.
Wenn da die Eier nicht wären. „You have to break some eggs if you want to make an omlett“ ist das englischsprachige Pendat zu: „Wo gehobelt wird fallen Späne.“
„But what if you want to make chicken? Or an other bird or reptile?“ fragt man sich, während man keine Lust auf Omlett hat. Dann muss man verdammt vorsichtig sein. Ja vielleicht sogar fürsorglich.
Schnelles Hinschlagen mit einer Katzenfutterdose wird das Schlüpfen nicht beschleunigen. Manche Dinge brauchen Zeit. Manche Menschen brauchen Dreschflegel. Was wer wie wann braucht, können wir nicht sagen.
Aber Fahhrad fahren ist gesund und formt wunderschöne Oberschenkel. Das haben wir gelernt, während unserer Forschungsarbeit.”

Vito Baumüller ist bildender Künstler mit Performance- und Skulpturschwerpunkt. Davon abgesehen betätigt er sich als Schauspieler und Schriftsteller. Zu den Schauplätzen, an denen Vito Baumüller seine perfiden Selbstmordapperate, aber auch seine liebevoll gestallteten Wekzeugrepliken zeigen durfte zählen unter anderem die Albertina Modern, die Kunstmesse Marxhalle, die Vienna Parallel oder der Volksbühne-Pavillion in Berlin. Seine Arbeit versteht sich als eine kindlich-brachiale Manifestation seiner Tagträume; zähnefletschend den Frieden schätzend.

Aldrin S. P. Haus, auch unter dem Alias Alvenoh bekannt, ist der persönliche Assistent und Berater von Vito Baumüller. Seine vielseitige Laufbahn spiegelt eine einzigartige Mischung aus Disziplinen wieder – von der Pflegefachassistenz und Mechatronik über die Uhrmacherei und Straßenmusik bis hin zum Abschluss eines Studiums im Bereich des 3D Interactive Entertainment Designs. Seine breitgefächerte Erfahrung vereint technische Präzision mit tiefer Empathie und bildet das Fundament seiner kreativen Arbeit.

Georgij Melnikov
Als Künstler arbeitet er mit den Medien Keramik, Skulpturen, Installationen, Grafiken und Performances. Er entwickelt sowohl metaphysische als auch physische Umgebungen oder Artefakte, um emotionale und intellektuelle Geschichten zu erzählen. Dabei schafft Melnikov seine eigene visuelle und theoretische Sprache, die an sich schon ein ständig wachsendes metaphorisches Vokabular ist.
Eines der wichtigsten Themen für seine Arbeiten ist derzeit die Muschel als Definition für den Raum zwischen Innen und Außen und die Projektion dieser Metapher auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen. Darüber hinaus spiegeln sich sein persönlicher Wandel und sein paralleles Leben als Kurator häufig in seiner künstlerischen Praxis wider.

Als Kurator produzierte er Ausstellungen und Happenings, um Menschen zu konfrontieren und zu verbinden, die Grenzen zwischen Kurator und Produzent zu verwischen, Raum für Interaktion zu schaffen und die Erfahrung von Kunst zu intensivieren.
Melnikov hatte zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen in der ganzen Welt, darunter in Österreich, Italien, Deutschland, Russland, den USA und China. Im Jahr 2023 nahm er an zwei Museumsausstellungen in Wien teil: „On the road again“ im Künstlerhaus und „Über das Neue“ im Belveder 21. Seit 2019 arbeitet er mit der etablierten Galerie Lisi Hämmerle in Bregenz, AT, wo er 2022 seine zweite Einzelausstellung hatte.

Geboren am 24.07.1988 Lebt und arbeitet in Wien, absolvierte die Akademie der bildenden Künste Wien (2006-2013) und studierte an der Universität für angewandte Kunst Wien (2013-2018) Co-Founder und Kurator der Aa Collections Gallery (seit 2012) Co-Founder und Projektleiter KV Danubian Cultural Exchange Society (seit 2014) Co-Founder und künstlerischer Leiter Art UnAnchored Festival (2014-2015). Künstlerische Leitung des DREISECHSFUENF Festivals (2017 -2018) Co-Founder und künstlerische Leitung XX Art Flanerie (2020-2022).